Heinrich VIII.: Der König und sein Gewissen (B00ABAMKF2) by Sabine Appel

Heinrich VIII.: Der König und sein Gewissen (B00ABAMKF2) by Sabine Appel

Autor:Sabine Appel [Appel, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406638572
Herausgeber: C. H. Beck
veröffentlicht: 2012-11-12T05:00:00+00:00


ANNE BOLEYN.

Unbekannter Meister, spätes 16. Jh.

Thomas Wolsey hat dieser Verbindung 1525 ein drastisches Ende bereitet – inwieweit das mit dem privaten Interesse des Königs zusammenhängt, bleibt, wie ich meine, dahingestellt und könnte vielmehr mit der ursprünglich auch von Wolsey anvisierten Verbindung Annes mit James Butler, Sohn des Grafen von Ormond, zu tun haben, der, nebenbei bemerkt, in Wolseys Haushalt lebte und von ihm protegiert wurde. Anne hat Wolsey diese Tat nie verziehen und soll geäußert haben, wenn es jemals in ihrer Macht liege, werde sie dem Kardinal so viel Missvergnügen bereiten wie er ihr. Sicher ist wohl, dass Wolseys Stern von dem Augenblick an sank, in dem Annes Stern zu steigen begann. Im Sommer 1525, als Wolsey, Northumberland, der Herzog von Norfolk (Annes Onkel) und Thomas Boleyn Anne von Percy trennten, hat Henry wohl noch nicht an eine Annullierung seiner Ehe gedacht oder daran, Anne zu heiraten. Da baute er gerade seinen Bastardsohn auf und machte anschließend seine Tochter zur Prinzessin von Wales. Aber es ging dann sehr schnell. Er begehrte Anne, doch als Mätresse war sie nicht zu haben. Das muss sie ihm bald klargemacht haben.

Ziemlich zeitgleich mit ihrer gerade gekappten Liebesverbindung mit Percy tändelte sie mit dem Dichter Thomas Wyatt herum, durch dessen beredte und poetische Sprache wir die eindringlichsten Schilderungen von ihrer Wirkung und ihrem Augenspiel haben, auch nach minnelyrischer Tradition von der grausamen Herrin, die ihre Gunst ganz nach Laune verteilt und vieles verspricht, nichts erfüllt. Tatsache war aber auch, dass Wyatt verheiratet war – unglücklich zwar, aber dennoch. Anne war nicht töricht. Das wurde dann umso deutlicher, als ihr der König den Hof machte. Sie hatte zudem vor nicht langer Zeit miterlebt, wie der König ihre Schwester zu seiner Mätresse erkor, um sie dann auf die für Könige übliche Art fallen zu lassen. Anne war entschlossen, dass sie ein solches Schicksal nicht teilen werde. Wenn man ihr das als «Berechnung» auslegen will, sowieso bezeichnend für eine Frau, die versucht, ihr Schicksal selbst in der Hand zu behalten und nicht nur zum Spielball zu werden, dann sei einem das unbenommen – die Forschung hat es jahrhundertelang mehr oder weniger so gesehen. Unklar bleibt, wann, inwieweit und ob sie im Lauf der Entwicklung selbst emotional involviert war, ob sie Henrys Gefühle erwidert hat, was schon deshalb schwierig zu beurteilen ist, weil ihre Antwortbriefe auf Henrys hinreißende Liebesbriefe die Zeit nicht überlebt haben. So grausam, wie ihr die Politik und die Mächtigen im Umkreis des Hofes einen Strich durch ihre erste Liebesverbindung gemacht haben (Percy heiratete schließlich, wie vorgesehen, Mary Talbot), sah sie womöglich irgendwann ein, dass sie hier in diesem Fall von, wie sich herausstellen sollte, staatstragender Bedeutung letztlich gar keine Wahl hatte, und da versuchte sie in allen Phasen das Beste daraus zu machen. So oder so spielten alle Parteien auf Zeit. Jedenfalls haben wir einen liebeskranken König, der feststellen muss, dass ihm all sein royales Blut gar nichts nützt, um diese Frau zu erobern, und dass er wie alle anderen Ritter dienen und betteln muss,



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